Animals‘ Angels ist in Deutschland unterwegs, um Tiertransporte während der aktuellen Hitzewelle zu dokumentieren. Das Auto-Thermometer zeigt über 35 °C an, als wir auf der Gegenfahrbahn zwischen Osnabrück und Hannover einen Tiertransporter mit Schafen sehen. Sie fahren direkt in ein Stauende. Kurzerhand drehen wir um und stellen uns mit ihnen in den Stau. Die Tiere kommen aus den Niederlanden. Ihr Ziel laut Fahrer: eine Farm in Bulgarien. Doch später erfahren wir, dass sie direkt zu einem bulgarischen Schlachthof gehen.
Der Tiertransporter steht zwischen anderen Cargo-Lkw in der prallen Sonne. Teilweise steht der Verkehr komplett still. Kein Schatten, kein Wind und die 250 Schafe (zum Teil mit dichter Wolle und ungeschoren) leiden enorm unter der Hitze. Sie atmen extrem schnell und hecheln, und einige der Tiere stehen breitbeinig und mit nach vorne gestrecktem Hals. Das Schaf Aina liegt erschöpft am Boden und streckt ihren Kopf in Richtung Seitenöffnung, um etwas Frischluft zu bekommen. Wir bemerken, dass noch nicht einmal die Ventilatoren des Lkw angestellt sind, geschweige denn das Wassersystem. Erst durch unser Eingreifen schalten die Fahrer zumindest die Lüftung an, doch eine Kühlung ist das für die Tiere nicht wirklich. Die Ventilatoren bewegen lediglich die Luft, können aber die Temperatur im Inneren des Fahrzeugs nicht senken. Wir messen über 36 °C direkt am Lkw. Laut EU-Transportverordnung dürfen Tiere auf Langstrecke nur bei Temperaturen bis 30 °C transportiert werden. D.h. die niederländische Veterinärbehörde hätte diesen Transport so gar nicht erst genehmigen dürfen!
Vor Ort informieren wir die Autobahnpolizei mit der Bitte, den Tiertransport aus dem Stau zu leiten. Doch leider gibt es dafür keine Möglichkeit – es fehlt an Kapazitäten. Somit müssen Aina und die anderen Schafe für ca. anderthalb Stunden im Stau ausharren – mal Stop and Go, mal Stillstand. Gerade einmal 300 km haben sie seit ihrem Verladeort hinter sich gebracht. Weitere 2.200 km liegen noch vor ihnen. Wie Aina dort ankommt – wir wissen es nicht, denn nach wie vor ist aufgrund der Covid19-Situation eine kurzfristige Ein- und Weiterreise bis nach Bulgarien für uns nicht ohne Weiteres möglich. Schweren Herzens lassen wir sie an der tschechischen Grenze ziehen.
Dieser Transport ist wieder einmal ein Beispiel, wie sehr es auch innerhalb der EU an der Umsetzung der EU-Transportverordnung mangelt – und dass eine Überarbeitung dieser Verordnung mit klaren, einfachen Regeln dringend nötig ist. Dafür setzen wir uns auf nationaler und EU-Ebene ein. Bei den zuständigen Behörden in den Niederlanden, Rumänien und Bulgarien reichen wir Beschwerde über den Transport von Aina und den 249 weiteren Schafen ein.