Ende August sind wir mit den Schafen knapp 24 Stunden quer durch die Türkei unterwegs. Der Transport verzögert sich immer wieder. Zum einen durch die üblichen Wartezeiten am Zoll, aber eben auch, weil der Fahrer mit den 240 Tieren alleine unterwegs ist. Bei einem Stopp von fast 7,5 Stunden müssen die Tiere an Bord des LKW ausharren während der Fahrer schläft. Zu diesem Zeitpunkt sind die Tiere bereits eineinhalb Tage unterwegs, ohne Pause, ohne Futter. Ihre Flanken sind stark eingefallen, mache sind regelrecht ausgemergelt. Besonders in Erinnerung bleibt uns Besey – sie blickt mit müden Augen und hängenden Ohren vor sich hin, offensichtlich erschöpft von den Strapazen des Transportes. Platz zum Hinlegen findet sie in diesem Moment keinen. Es ist zu eng, als dass sich alle Schafe gleichzeitig hinlegen könnten. Auch Emilia werden wir nicht vergessen, wie sie sich uns neugierig nähert und vorsichtig an unserer Hand schnuppert.
Zurück an unserem Schreibtisch in Deutschland werten wir die vielen Informationen, Notizen und Fotos aus. Bei den zuständigen Behörden in Bulgarien fordern wir Akteneinsicht an. Nach langem Warten und erneuten Anfragen erhalten wir die Dokumente – und können nicht glauben, was wir lesen. Laut Papieren lag der Zielort der Tiere kurz hinter der türkischen Grenze. In der Realität wurden sie aber über mehr als 850 km ins Landesinnere transportiert. Der komplette Transportabschnitt für die Türkei fehlt in der Planung – kurz gesagt: Organisator und Transporteur haben dreist gelogen. Und das zuständige Veterinäramt in Bulgarien hat es scheinbar verpasst, die unvollständige Transportplanung vor Genehmigung genau zu prüfen. Besey, Emilia und die anderen Schafe wurden von einer bulgarischen Transportfirma transportiert, gegen die wir bereits seit Jahren immer wieder Beschwerden einreichen. Mehrfach haben wir gefordert, dass ihr die Zulassung entzogen wird – bisher leider vergeblich.
In einem ausführlichen Bericht erstatten wir nun erneut Anzeige bei den bulgarischen Behörden und informieren zeitgleich die EU-Kommission über den Fall. Dort haben wir im Frühjahr dieses Jahres Bulgarien wegen systematischen Verstößen gegen die EU-Tierschutztransportverordnung angezeigt – die Untersuchungen laufen noch. Wir sind zuversichtlich, dass dabei auch Beseys und Emilias Schicksal berücksichtigt werden.