Animals’ Angels ist auf der Exportroute nach Marokko unterwegs. Wir begleiten drei Tiertransporte, die vom französischen Hafen in Marseille aus mit der Fähre quer durch das Mittelmeer bis nach Tanger-Med in Marokko verschifft werden. Die Tiere sind dabei die gesamte Zeit auf den LKW geladen, die wiederum während der Mittelmeerüberfahrt auf einer sog. Roll-On-Roll-Off Fähre geparkt sind. An Bord der drei LKW werden ‚Mast’kälber aus Spanien und Frankreich transportiert.
Kälber aus Spanien über Frankreich nach Marokko? Warum dieser Umweg? Nun, früher wurden die Tiere über den Hafen von Algeciras im Süden Spaniens nach Marokko exportiert. Durch eine Entscheidung des spanischen Ministeriums sind diese Transporte aus Nordspanien jedoch nicht mehr erlaubt: seit 1. April 2024 dürfen nur noch Tiere über den Hafen von Algeciras ausgeführt werden, wenn sie weniger als acht Stunden unterwegs und in Spanien gestartet sind. An sich ist das zunächst eine positive Nachricht für die Tiere – doch wie überall finden sich Schlupflöcher. So gibt es nun diese neue Route über den Hafen von Marseille, bei dem die Tiere statt der Straße von Gibraltar (ca. 2 Stunden Fährüberfahrt) nun das Mittelmeer per Fähre einmal durchqueren müssen.
Die Fahrt mit der Fähre von Marseille nach Tanger-Med dauert dieses Mal rund 44.5 Stunden. Während dieser Zeit beobachten wir, dass die jungen Rinder zwar Wasser und Futter bekommen und die Fahrer bemüht sind, die Tiere so gut wie möglich zu versorgen – und doch, mit zunehmender Dauer des Transportes und den hohen Temperaturen über 30 °C sieht man den Tieren natürlich die Strapazen und Erschöpfung an. Auch sind sie für diesen extrem langen Transport viel zu eng beladen. Dicht an dicht stehen sie gedrängt, Platz zum Bewegen und Hinlegen für alle bleibt ihnen nicht – und dass bei einem so langen und beschwerlichen Transport im Hochsommer!
Nach fast zwei Tagen auf See legt die Fähre endlich im Hafen von Tanger-Med in Marokko an. Auch hier sind die Temperaturen tagsüber sommerlich-heiß. Teilweise steigt das Thermometer sogar auf 38 °C. Im Hafen müssen die Tiere an Bord der LKW nochmal vier Stunden warten, bis alle Zoll- und Einfuhrkontrollen abgewickelt sind.
Am Abend geht es dann endlich weiter – bei einem Stopp an einem Rastplatz können wir die Tiere nochmal aus der Nähe sehen. Müde Augen blicken uns durch die Gitterstäbe an; einigen Kälbern läuft die Nase und manche atmen schwer – kein Wunder bei der Hitze und der Enge auf den LKW. Manolo sieht sichtlich mitgenommen aus. Wir haben ihn bereits auf der Fähre erlebt, wie er immer wieder mit offenem Mund und ausgestrecktem Kopf am Hecheln war – eindeutige Zeichen für Hitzestress, unter denen er auch jetzt wieder leidet.
Als die Tiere am Zielort südlich von Casablanca ankommen, ist es bereits nach Mitternacht. Nach unseren Beobachtungen sind die Tiere mindestens 58 Stunden nonstop auf den LKW eingesperrt, und das sogar legal! Es ist unfassbar, aber laut EU-Gesetz wird die Zeit auf der Fähre nicht zur Transportzeit gezählt. Das muss endlich geändert werden; diesen irrsinnig langen Transporten muss ein Ende gesetzt werden!