Spanien: Von Markt zu Markt und einmal quer durch das Land

Hungriges Kalb auf einem Markt in Spanien

Wir begleiten einen Transport von nicht-entwöhnten Kälbern in Spanien. An Bord sind 217 gerade einmal wenige Wochen alte Kälber geladen - alle männlich, alle sog. "Abfallprodukte" aus der Milchwirtschaft. Sie werden über mehr als 1.200 km von Galizien nach Katalonien transportiert - einmal quer durch Nordspanien. Doch für viele dieser jungen Kälber beginnt die Reise bereits einige Tage früher...

Vor dem langen Transport wurden sie bereits auf mehreren Märkten hin und her verkauft - je nach Angebot und Nachfrage. Wie z.B. Anton. Wir treffen ihn auf dem Markt in Silleda zum ersten Mal – um die 24 Stunden ist er dort, ohne gefüttert zu werden. Auch die weiteren etwa 900 Kälber, die dort zur Auktion versteigert werden, bleiben ohne Nahrung. Auf diesem Markt obliegt die Versorgung und Fütterung der Tiere den Besitzern, die dieser Verantwortung einfach nicht nachkommen. Anstatt selbst anzupacken, schieben sie die Schuld auf die Marktbetreiber und lassen die jungen Tiere über z.T. mehr als 24 Stunden hungern, wie im Fall von Anton.

Auf dem Markt in Santiago finden wir Anton wieder. Seine Flanken sind eingefallen und er liegt erschöpft zusammengerollt im Pferch. Wann er zwischen den beiden Markttagen gefüttert wurde und wo er die Nacht verbracht hat, erfahren wir leider nicht. Nachdem die Händler ihre Deals geschlossen haben, werden die Kälber in Gruppen sortiert, nach Größe, Alter, Geschlecht und Käufer. Es herrscht hektisches Treiben und Chaos. Die hungrigen, erschöpften Kälber werden zwischen den Pferchen hin und her getrieben, z.T. auch mit Stöcken auf den Kopf geschlagen. Anton wird schließlich mit einer Gruppe von Kälbern auf einen Lkw verladen - Zielort Katalonien. Doch sie werden nicht direkt und auf kürzestem Weg dorthin transportiert, wie es per Gesetz vorgesehen ist. Erst noch werden weitere Kälber an zwei verschiedenen Sammelstellen geladen, damit der LKW voll ist und die Reise sich nach Katalonien wirtschaftlich "lohnt". 

Insgesamt sind wir mit Anton und den weiteren 216 Kälbern mehr als 21 Stunden auf der Straße unterwegs. Während des gesamten Transportes bekommen sie kein Futter. Wie auch - bisher ist es nicht möglich, auf Milchnahrung angewiesene Kälber an Bord der Lkw zu füttern. Die Milch oder Milchaustauscher würden die Wasserleitungen verstopfen und außerdem kann an Bord die Nahrung für die Tiere nicht auf die notwendige Temperatur erwärmt werden, damit die Kälber die Fütterung gut vertragen. Nicht-entwöhnte Kälber müssen an (Gummi-)Zitzen saugen, um die Milchnahrung richtig aufnehmen zu können. Doch ein entsprechendes Fütterungssystem gibt es nicht an Bord. Trotz dieser bekannten Problematik genehmigen Behörden nach wie vor lange Transporte von solch jungen Tieren. Das darf nicht sein!

Seit vielen Stunden folgen wir nun schon dem Transporter, der sich mit den 217 Kälbern von Galizien auf den Weg nach Katalonien gemacht hat. Das Blöken der Kälber sowie ihre suchenden Blicke nach Essen brennen sich tief in unser Gedächtnis ein. Manche lecken und beißen an den Stangen des Lkw – ein eindeutiges Zeichen für Hunger. 

In Katalonien angekommen stellt sich heraus, dass die Tiere drei unterschiedliche Bestimmungsorte haben – Anton landet in einer großen Masthaltung, mit mehr als 3000 Tieren. Zwar scheint dort zumindest die Versorgung der Tiere gut organisiert, aber es bricht uns das Herz, zu erfahren, dass alle Tiere hier für den Export bestimmt sind. Nach all den Strapazen – dem unnötigen Hin und Her über Märkte und Sammelstellen und dem langen Transport hierher – steht ihm nun die Schlachtung in einem außereuropäischen Land bevor, in dem es meist keinerlei Tierschutzstandards gibt. 

Es muss endlich ein Umdenken stattfindet! 

Solche Praktiken, die einzig wirtschaftlichen Interessen dienen und zum Leidwesen unzähliger Tiere geschehen, müssen verboten werden. Denn: Die Absurdität dieser Verkaufskette, bei der es allen Beteiligten nur um den größtmöglichen Profit geht, liegt auf der Hand: Wenige Wochen alte Tiere werden über mehrere Märkte und Sammelstellen tagelang hin und her transportiert, um dann völlig ausgehungert auf eine rund 1.200 km lange Reise in einen Maststall geschickt zu werden. Dort werden sie 8-9 Monate lang gemästet, um dann erneut eine Odyssee anzutreten, und zwar diesmal über den Seeweg nach Nordafrika, wo sie schließlich in Ländern ohne jegliche Tierschutzstandards geschlachtet werden. Wirtschaftlichen Interessen müssen endlich klare Grenzen gesetzt werden. Dafür setzen wir uns bei der Revision der Tierschutztransportverordnung ein. Bei den zuständigen Behörden werden wir Beschwerde über diesen Transport und das sog. Sammelstellen-Hopping einlegen.