Vereinigte Arabische Emirate: Kamelmarkt in der Wüstenstadt Al Ain

Kamelmarkt Al Ain

… „Pen 93: 10 weibliche Kamele mit 6 Jungtieren“, „Pen 92: leer“, „Pen 91: durch ein Seil in zwei Pens geteilt, auf einer Seite drei weibliche Kamele, auf der anderen Seite 1 Mutter mit 2 Jungtieren, Mutter mit gefesselten Beinen, Müll am Boden“, „Pen 90: 5 weibliche Kamele mit 2 Jungtieren, essen Heu, Wassertrog fast leer“…

Dies ist ein Auszug aus unserem Kamelprotokoll. Wir sind am Kamelmarkt in Al Ain, einer Wüstenstadt im Osten der Vereinigten Arabischen Emirate. Unser Ziel ist es, Verbesserungen für die Tiere zu erreichen und allgemein den Tierschutz von Kamelen voranzubringen. Deshalb sind wir vor Ort, um die aktuelle Situation zu dokumentieren. 

Auf den ersten Blick wirkt alles geordnet. Es gibt betonierte Pens mit Schattendächern, eine Eingangskontrolle und einen Markttierarzt. Über 600 Kamele werden hier zum Verkauf angeboten. In insgesamt 56 Pens. Bei genauerem Hinsehen fällt auf, dass die Kamele keinen ständigen Zugang zu Wasser haben. Einige von ihnen sind abgemagert. Viele junge Kamele haben starken Nasenausfluss. Zeichen von Stress durch die Trennung von der Mutter und der Unruhe am Markt, wie uns der Markttierarzt erklärt. Immer wieder sehen wir Kamele mit Verbrennungsnarben. Sie sind Zeugnis der so genannten Kauterisationen, einer traditionellen Medizin, die bei Kamelen oft zum Einsatz kommt.

Die meisten Kamele auf dem Markt werden zum Schlachten verkauft. Immer wieder fahren Pick-ups auf den Markt. Einzelne Tiere werden ausgewählt. Man erzählt uns, dass sie meistens im Alter von 8 Monaten verkauft werden, da ihre ‚Fleischqualität‘ dann am besten wäre. Wie der junge Kamelbulle Czarek, der von einer Gruppe Männern auf die Ladefläche eines Pick-ups geschoben und gezerrt wird. Er wehrt sich und brüllt. Doch ihm werden die Beine zusammengebunden und Seile über seinen Rücken gespannt. Dann wird er wegtransportiert. Der Fahrer sagt, er fahre zu einem nahe gelegenen Schlachthof.

Wir sind tief berührt von diesen großen Tieren, die durch Menschenhand so viel erdulden und erleiden müssen. Wie offen und zugewandt sie uns dennoch begegnen. Während wir von Pen zu Pen gehen, verfolgen neugierige Blicke jede unserer Bewegungen. Sanfte Nasenspitzen stupsen uns an und beschnuppern uns durch die Gitterstäbe der Pens. Wir sehen herzerwärmende Szenen, in denen sich Kamelmamas auf liebevollste Weise um ihren Nachwuchs kümmern. Und immer wieder Köpfe, die sich uns entgegenstrecken und Streicheleinheiten einfordern und genießen.
Die Kamele sind freundlich und neugierig und strahlen eine würdevolle Ruhe aus, die sich nur schwer in Worte fassen lässt.

Die UN hat das Jahr 2024 zum Jahr der Kamele ernannt. Lassen Sie uns diesen Moment mit aller Kraft nutzen, um der ganzen Welt von diesen wunderbaren Tieren zu erzählen. Dazu gehört auch ihr Dasein als ‚Fleisch- und Milchproduzent:innen‘. Dazu gehören lange Transportstrecken, brutale Verladungen und Kamelmärkte, wie hier in Al Ain. Und dazu gehört die Tatsache, dass es sich bei jedem Kamel um ein Individuum handelt, das sich ein unversehrtes Leben in Frieden wünscht. Wie alle so genannten ‚Nutz’tiere.