Tiermärkte in Marokko

Die Landwirtschaft, und insbesondere die ‚Nutz’tierhaltung, ist eines der wichtigsten wirtschaftlichen Standbeine Marokkos. Dennoch gibt es kein nationales Tierschutzgesetz, das wenigstens die Mindestanforderungen zum Schutz der ‚Nutz’tiere garantiert. Auch heutzutage wird der Großteil der ‚Nutz’tiere auf sogenannten Souks (wöchentliche Märkte in Städten und Dörfern) gehandelt und verkauft. Die Bedingungen für die Tiere und der Umgang mit ihnen sind fürchterlich. Seit 2014 ist Animals‘ Angels vor Ort, um Bewusstsein zu schaffen und nachhaltige Veränderungen für die Tiere zu erreichen.

Worunter leiden die Tiere?

In Marokko überwiegen hauptsächlich kleinbäuerliche Tierhaltungen. Viele Familien auf dem Land leben mit und von ihren Tieren, die sie regelmäßig auf Souks (Wochenmärkten) verkaufen. Dort finden wir immer wieder die gleichen, gravierenden Tierschutzprobleme:

  • Brutale und mittelalterliche Schlachtmethoden.
  • An den Beinen, Hälsen oder Flügeln zusammengebundene Tiere.
  • Tiere, die an Beinen und Fell angehoben und getragen werden.
  • Kein Wasser und kein Futter.
  • Kein Schatten, trotz hoher Temperaturen.
  • Vernachlässigte, erschöpfte und dehydrierte Tiere.
  • Verletzte oder kranker Tiere werden nicht versorgt.
  • Fehlende Infrastruktur.
  • Völlig überarbeitete ‚Lasten’tiere, wie Esel und Pferde.

Die Verladungen auf den Märkten spiegeln die katastrophalen Zustände wider:

  • Absolut ungeeignete Transportfahrzeuge ohne Laderampe oder Belüftung.
  • Rinder, die auf doppelstöckige Transporter ohne Rampe gezerrt werden.
  • Schafe, die auf Dächern von Fahrzeugen oder in Kofferräumen verstaut werden.
  • Hühner, die kopfüber hängend oder in Säcken transportiert werden.
  • Sehr brutaler Umgang während Ent-/Verladungen.

Tierschutz spielt hier keine Rolle – trotz der Tatsache, dass die marokkanische Regierung der landwirtschaftlichen Entwicklung höchste Priorität einräumt. Bis heute gibt es kein Tierschutzgesetz in Marokko und es fehlt jegliche behördliche Kontrolle.

Bilderreihe

Was Animals' Angels dagegen unternimmt

Seit März 2014 sind wir mit einem ständigen Projekt vor Ort, und seit Sommer 2015 kontrolliert unser marokkanisches Team – bestehend aus Ali, Habib und Boubaker – regelmäßig die Tiermärkte rund um Rabat. Dabei leisten sie Aufklärungsarbeit und Erste Hilfe für die Tiere.

Auf behördlicher Ebene ist Animals‘ Angels in ständigem Kontakt mit der obersten marokkanischen Veterinärbehörde ONSSA bezüglich eines gemeinsamen Tierschutzprojekts auf den Märkten. Dazu haben wir Tierschutzleitlinien entworfen und in Zusammenarbeit mit ONSSA diese ins Arabische übersetzt. Wir warten nun auf die endgültige Genehmigung der Behörde, um endlich mit der Verteilung beginnen können.

Unser Ziel:

  • Mehr Bewusstsein und Respekt für die ‚Nutz’tiere.
  • Den Schutz der ‚Nutz’tiere auf die politische Tagesordnung in Marokko bringen.
  • Die längst überfällige Verabschiedung eines nationalen Tierschutzgesetzes, das auch die ‚Nutz’tiere miteinbezieht und schützt.
  • Tierschutz auf marokkanischen Märkten umsetzen.

Auf dem Weg dorthin:

  • Verbreitung von Tierschutzleitlinien für einen besseren Umgang mit ‚Nutz’tieren auf den Märkten.
  • Aufklärungsarbeit und erste Hilfe für die Tiere vor Ort auf den Märkten.

Hintergrundinformationen

Marokko’s Landwirtschaft ist zweigeteilt: in einen modernen Industriesektor, der vor allem für den Export produziert, und in kleinbäuerliche Betriebe. Diese überwiegen deutlich im Land und produzieren hauptsächlich für den lokalen Markt oder den Eigenbedarf. Mit dem 2008 ins Leben gerufenen ‚Plan Maroc Vert‘ (Plan Grünes Marokko) versucht die Regierung, Marokko in die modernste Landwirtschaftsregion Nordafrikas zu verwandeln. Die industrielle Produktion nimmt zu, auch in der ‚Nutz’tierhaltung. 

Laut Zahlen der FAO (Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UNO) wurden 2014 insgesamt mehr als 3,2 Millionen Rinder, 197 Millionen Hühner und Puten, etwa 6,1 Millionen Ziegen und mehr als 19,2 Millionen Schafe in Marokko gehalten. Im Jahr 2011 waren z.B. 60 % aller Kühe in Marokko deutscher Herkunft und auch weiterhin werden Hochleistungsrassen aus der EU importiert (2012: 19.608 Rinder importiert, hauptsächlich aus Deutschland und Frankreich).

All diese Tiere sind bisher ohne jeglichen gesetzlichen Schutz. Immerhin hat 2013 die Regierung ein Tiergesundheitsgesetz ausgearbeitet, das auch einige Aspekte für ‚Nutz’tiere vorsieht. Wann dieses Gesetz tatsächlich in Kraft tritt ist aber unklar. Ebenfalls ist unklar, inwieweit dieses Gesetz den Schutz von ‚Nutz’tieren verbessern wird, da es sich hauptsächlich auf das Thema Tiergesundheit bezieht.

Marokko ist Mitglied in der OIE (Weltorganisation für Tiergesundheit) und hat sich damit zur Umsetzung der OIE-Tierschutzstandards verpflichtet. Bis heute werden diese regelmäßig missachtet.

Projektleitung:
Helena Bauer

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