Tiertransporte in der EU

Allein in der EU werden täglich rund 3,8 Millionen Tiere über lange Strecken transportiert (> 8 Stunden). Das sind 1,4 Milliarden Tiere pro Jahr. Bei Tiertransporten geht es wie in allen Wirtschaftszweigen um Geld: Tiere werden dahin transportiert, wo die höchsten Gewinne winken. Allzu oft finden diese Transporte unter grausamen Bedingungen statt. Je länger ein Tiertransport dauert, desto mehr leiden die Tiere.

Warum werden Tiere überhaupt transportiert?

In der ‚Nutz’tierhaltung geht es wie in allen Wirtschaftszweigen um Geld. Die Tiertransporte fahren dorthin, wo die höchsten Gewinne winken. In der Agrarindustrie werden Arbeitsschritte getrennt: Zucht, Haltung und Mast werden dort konzentriert, wo Futter- und Lohnkosten niedrig sind.

Viele EU-Staaten decken die nationale Nachfrage nach ‚Schlacht’tieren nicht aus eigener ‚Produktion‘ und importieren deshalb Tiere aus anderen EU-Staaten. Diese wiederum suchen nach Abnehmern für ihre ‚Überproduktion‘.

Ein Beispiel: Männliche Kälber gelten als überflüssige ‚Nebenprodukte‘ der Milchindustrie und werden im Alter von gerade einmal zwei Wochen in jene EU-Länder transportiert, wo die Mast am günstigsten ist.

Worunter leiden die Tiere beim Transport?

Tiertransporte über lange Strecken bedeuten zwangsläufig Leid für die Tiere. Unsere Arbeit der letzten 20 Jahre hat gezeigt, dass die folgenden Probleme bei Tiertransporten regelmäßig auftreten und teilweise unvermeidbar sind:

  • Verletzungen und Schmerz: Die Tiere klemmen sich Beine, Hufe, Klauen oder Hörner ein. Liegende Tiere werden von den stehenden getreten und verletzt. Rangkämpfe führen zu Stress und Verletzungen.
  • Durst und Dehydrierung: Die Tiere werden oftmals nicht oder nur unzureichend mit Wasser versorgt, z. B. weil die Tränksysteme nicht funktionieren, außer Reichweite der Tiere liegen, verschmutzt sind oder von den Tieren nicht bedient werden können.
  • Hitze- und Kältestress: Temperaturen, die zu niedrig oder zu hoch sind, verursachen Stress und Leiden – im schlimmsten Fall sterben Tiere an den Folgen von Hypo- oder Hyperthermie.
  • Platzmangel: Die gesetzlich festgelegten Platzanforderungen reichen oftmals nicht aus, um z. B. zu gewährleisten, dass sich alle Tiere hinlegen können. In der Enge treten Tiere auf ihre Artgenossen. Außerdem können sie ihre Körpertemperatur nicht regulieren, wenn sie dicht aneinander stehen.
  • Unzureichende Deckenhöhe: Außer für Pferde schreibt die Verordnung keine Mindesthöhe für die Decken in den Fahrzeugen vor, sondern spricht nur von „ausreichender Höhe“. Diese Formulierung wird oft zum Nachteil der Tiere auslegt. Sie müssen dann oft teilweise tagelang in unnatürlicher Haltung ausharren, weil sie nur geduckt stehen können.
  • Fehlende Infrastruktur bei Notfällen: Bei Notfällen mit Tiertransporten kommt die Hilfe häufig zu spät, z. B. da die amtlichen Tierärzte nicht erreichbar sind, es keine Notentladeställe gibt oder die Polizei andere Prioritäten hat.
  • Erschöpfung und Tod: Zu viele Tiere verkraften den Stress und die Anstrengung eines Langstrecken-Tiertransports nicht und sterben nach vielen Stunden oder gar Tagen des Leidens.

Bildereihe

Welche Gesetze sollen die Tiere schützen?

Seit 1977 gibt es in der EU Gesetze zum Schutz der Tiere beim Transport. Zuletzt wurden sie durch die EU-weit gültige EU-Tierschutz-Transport-Verordnung EG 1/2005 aktualisiert. Doch sind die Tiere auf den Transporten durch diese Gesetze ausreichend geschützt? Eindeutig nein!

Warum schützen die Gesetze die Tiere nicht?

Die EU-Verordnung zum Schutz der Tiere beim Transport versagt in erster Linie, weil sie keine zeitliche Begrenzung für Tiertransporte vorsieht. Die Tiere dürfen somit tage- und wochenland transportiert werden. Zum anderen sind die gesetzlichen Platzvorgaben zu eng bemessen. Die Tiere können sich kaum hinlegen, um zu ruhen. Verletzungen sind damit vorbestimmt. Zudem enthält die EU-Verordnung eine Vielzahl ungenauer Bestimmungen, die in der Praxis stets zum Nachteil der Tiere ausgelegt werden.

Andere Vorschriften wiederum sind einfach nicht praktikabel oder werden auch nach über 40 Jahren allzu oft nicht eingehalten. Dann werden die Bedingungen für die Tiere erst recht zur Hölle: Verletzte Tiere und kranke Tiere werden nicht versorgt. Auch bei hohen Temperaturen werden defekte Wassersysteme nicht repariert. Um ein paar Tiere mehr laden zu können, wird in Kauf genommen, dass sie sich gegenseitig niedertrampeln. Um die Ruhezeiten für die Tiere zu umgehen, wird bei den Papieren getrickst.

Was Animals' Angels dagegen unternimmt

Seit 1998 ist Animals‘ Angels bei den Tieren auf den Straßen Europas. Wir begleiten die Tiere – oftmals auf ihrem letzten Weg ins Schlachthaus. Wir helfen vor Ort, leisten erste Hilfe, verständigen Tierärzte oder die Polizei, und beschaffen Wasser und Futter.

Wir kontrollieren und dokumentieren Tiertransporte auf Autobahnen und Tiermärkten, in Kontrollstellen oder Häfen. Wir reichen Beschwerden ein, suchen die Zusammenarbeit mit den Behörden und stehen im Dialog mit den Vertretern der Industrie. Wenn notwendig erstatten wir Anzeige.

Regelmäßig publizieren wir unsere Beobachtungen und Erfahrungen. Wir führen Polizeischulungen durch, halten Vorträge auf nationaler und EU-Ebene. Wir arbeiten bei der Erstellung von Leitlinien mit und sind Mitglied der Arbeitsgruppe Tiertransport der Tierschutz-Plattform der EU-Kommission.

Projektleitung:
Julia Havenstein

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